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Krimi ohne Happy End

„Geld schießt Tore“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Fußball-Bundesligisten Schalke 04, Clemens Tönnies, Anfang Januar. Am Samstagabend schlägt Braunschweigs Trainer Raoul Korner den Bogen zum Basketball: „Heute hat die individuelle Klasse das Spiel entschieden.“ Soll heißen: Die Löwen haben im Vergleich den deutlich höheren finanziellen Etat als die Merlins.

Deshalb sitzen auf der Braunschweiger Bank Spieler mit Bundesliga- und Euroleagueerfahrung wie ein Immanuel McElroy oder Tim Abromaitis, die sich die Merlins gar nicht leisten können. Die Qualität im Team ist so hoch, dass Coach Korner auch kurz vor Spielende noch rotieren lassen kann. Sein Crailsheimer Kollege Ingo Enskat dagegen kann seinen besten Akteur Sean Mosley nur noch sporadisch einsetzen, da er mit vier Fouls belastet ist.

Fotogalerie: Die Bilder des Spiels

Umso erstaunlicher ist es, wie gut sich die Zauberer schlagen. Im dritten Viertel muss sich Enskat aufgrund der kleinen Rotation entscheiden, welchem seiner Nachwuchsleute er Einsatzzeit gibt. Forward Alassane Dioubaté (20) darf beim – für die Merlins kritischen Spielstand von 45:49 – aufs Feld. Dioubaté verteilt die Bälle geschickt und fügt sich so schnell ins Team ein, dass Enskat ihn insgesamt mehr als neun Minuten drauflässt. In dieser Zeit wechselt die Führung ständig, was vor allem am wiedererstarkten Joshiko Saibou liegt. Zum Ende des dritten Viertels und zu Beginn des letzten Durchgangs erzielt der 24-Jährige jeweils einen Dreier.

Vor einer Woche, bei der knappen Niederlage in Bonn, kämpfte Saibou zwar, aber er blieb glücklos. Letztlich hat sich aber das bestätigt, was der Merlins-Coach von den Trainingseinheiten berichtet: „Die Jungs und ich haben großen Spaß, niemand lässt den Kopf hängen. Ich wünsche mir sehr, dass sie sich dafür bald mit einem Sieg belohnen.“

Video: Die Zusammenfassung des Spiels

Der ist gegen den Tabellenzehnten Braunschweig über die gesamten 40 Minuten drin. Die Merlins legen vor den fast 2600 Zuschauern los wie die Feuerwehr und ziehen auf 14:7 davon. Mosley hat am Viertelende von den 22 Crailsheimer Punkten sage und schreibe zehn erzielt. Die Löwen versuchen, sein Spiel zu unterbinden und ihn durch intensivere Verteidigung an die Kette zu nehmen – was mit zunehmender Spieldauer auch gelingt. Zur Halbzeit liegen beide Teams beim 38:36 fast gleichauf.

Auch nach der Pause geht es leidenschaftlich weiter, wobei Braunschweig noch eine Schippe an Intensität drauflegt. Dem hält Crailsheim mit Spielwitz dagegen wie zum Beispiel der 2,08-Meter-Mann Andriy Agafonov, der mit dem Ball an der Hand per Zunge anzeigt, wo er das Spielgerät hinpassen wird. Kurz darauf gelingt dem Ukrainer sogar ein für ihn ungewöhnlicher Dreier.

6,8 Sekunden vor Schluss steht es 79:80. Agafonov wird gefoult, doch er kann nur einen der zwei Freiwürfe unterbringen. Beim 80:80 deutet sich eine Verlängerung an. Aber im Gegenzug gelingt Dru Joyce ein Korbleger zum 80:82. Noch 0,2 Sekunden. Die Schiedsrichter korrigieren die Uhr auf 0,8 Sekunden. Crailsheim nimmt eine Auszeit und legt den letzten Spielzug fest. Saibou steht frei, wirft – und trifft nur den Rand des Korbs. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche verlieren die Merlins einen Basketball-Krimi.

 

Die Trainerstimmen:

Raoul Korner (Braunschweig): Crailsheim hat heute einen exzellenten Job gemacht. Natürlich war ich nicht zufrieden mit unserem 1. Viertel und wie wir in die Partie gestartet sind. Man muss eben auch sagen, dass Crailsheim uns sehr gezwungen hat, so schlecht so spielen. Crailsheim hat uns den Schneid abgekauft in der 1. Halbzeit. Zum Schluss ist es uns gelungen, einen kleinen Lauf zu bekommen. Am Ende hatten beide Mannschaften das gleiche Intensitätsniveau. Zum Schluss muss man sagen, hat die individuelle Leistung gewonnen, nicht die Mannschaftsleitung. Für uns war es ein wichtiges Spiel. Ich weiß, dass die eine oder andere Mannschaft hier in dieser Halle noch verlieren wird. Ich bin froh, dass wir das nicht waren.

Ingo Enskat (Merlins): Im Prinzip könnte ich das gleiche Statement wie letzte Woche gegen Bonn abgeben. Glückwunsch an Braunschweig. Beide Mannschaften hätten den Sieg eigentlich verdient gehabt. Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Am Ende gewinnst du oder verlierst du mit einer entscheidenden Aktion. Die Mentalität, die wir momentan an den Tag legen, ist super. Jedes Spiel haben wir bewiesen, dass wir ganz dicht dran sind. Die Spieler haben jetzt endlich einen Sieg verdient, sie kämpfen und reißen sich den Hintern auf. Es macht Spaß, mit dieser Mannschaft zu arbeiten. Natürlich sind sie jetzt in der Kabine enttäuscht, aber sie sind mit Eifer und voller Motivation dabei.

Guido Seyerle / Hohenloher Tagblatt

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